SWSG stellt Geschäftsbericht 2011 vor
Trotz 16 Millionen Euro Gewinn: Mieterhöhung und Hinausmodernisierungen gehen weiter
Bericht und Kommentar von Ursel Beck
Am 15.6.2012 hat Geschäftsführer Wilfried Wendel den Geschäftsbericht der SWSG von 2011 im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen im Gemeinderat vorgestellt. Die Mieter erfahren hier zumindest zum Teil wo ihre Mietzahlungen verschwinden. Wieviel Geld die SWSG durch Misswirtschaft (Bsp. Entmietung, Leerstand und Wiedervermietung der Laubengänge im Hallschlag) in den Sand setzt, bleibt unklar. Das brächte nur die Öffnung der Geschäftsbücher zu Tage.
Fast 16 Millionen Euro Gewinn
15,9 Millionen Gewinn weist die SWSG für das Jahr 2011 aus. Im Jahr zuvor waren es 11,4 Millionen. 17 Millionen flüssige Mittel liegen auf den Konten. An die Stadtkasse fließt aus den Geschäften der SWSG ein zweistelliger Millionenbetrag. Während die Deutsche Bahn städtische Grundstücke für S 21 in der Innenstadt per Nutzungsvertrag für einen Apfel und ein Ei bekommt, müssen SWSG-Mieter über die Miete für die städtischen Grundstücke Erbbaupachtzinsen an die Stadt bezahlen. Das sind laut Geschäftsbericht immerhin fast 6 Millionen Euro im Jahr 2011. Obendrauf kommt dann noch die Grundsteuer. Eine 70qm-Wohnung im Hallschlag wurde z.B. über die Nebenkosten im Jahr 2010 mit 127,87 Euro belastet. Das sind 1,80 Euro pro qm. Bei 1,166 Millionen qm Wohnfläche der SWSG-Wohnungen kommen ca. 2 Millionen Euro für die Stadtkasse zusammen. Weil die SWSG eine GmbH ist, bezahlt sie auch alle anderen Steuern. 4 Millionen insgesamt im Jahr 2011. Wären die Wohnungen der SWSG genauso wie Schulen direkt in städtischer Hand würden Erbbaupachtzinsen und Steuern komplett entfallen. Das wollen Schuster, Föll und die meisten Gemeinderäte natürlich nicht. Denn so kassieren sie jedes Jahr bei den Mietern ordentlich für den Stadthaushalt mit. Das gilt bereits fürs normale Geschäft und noch mehr beim immer wieder stattfindenden Verkauf von Häusern der SWSG. Denn der Wert der verkauften Grundstücke, auf denen die verkauften SWSG-Häuser stehen, fließt an die Stadt. Zusätzlich bessert die Stadt ihre Finanzen damit auf, dass sie von der SWSG den Kauf von städtischen Grundstücken verlangt. Für die SWSG-Geschäftsführung ist der erzwungene Kauf von teueren Grundstücken dann das Argument für den Bau von teueren Miet- oder Eigentumswohnungen. So werden auf der Rohrer Höhe 44 Sozialwohnungen abgerissen und dafür 21 frei finanzierte teuere Mietwohnungen und Eigentumswohnungen neu gebaut.
Kapitalrendite von 5,3%
Der Jahresüberschuss von 15,9 Millionen bezogen auf 301 Millionen ergibt die hohe Eigenkapitalrendite von 5,3% und eine Umsatzrendite von über 10%! Der einzige Stadtrat, der die SWSG dafür kritisierte, Gewinne zu machen, anstatt die Mieten bezahlbar zu halten, war Tom Adler, Stadtrat der Linken. Er warf den anderen Gemeinderäten vor, dass sie beim Verkauf der LBBW-Wohnungen an die Patrizia wegen der hohen Renditeerwartungen (hier waren 4% im Gespräch) auftraten, und gleichzeitig auf Kosten der Mieter bei der SWSG die Gewinne maximieren. Weil eine Kapitalrendite von 5,3% für eine städtische Wohnungsbaugesellschaft mit nach außen getragenem sozialen Anspruch nicht gerade das Image der SWSG aufbessert, trat Michael Föll (CDU), Finanzbürgermeister und Vorsitzender des Aufsichtsrats der SWSG auf den Plan. Er redete davon, dass die SWSG eigentlich nur 230 Millionen Euro Eigenkapital hätte. Nur mit öffentlichen Sondermitteln käme man auf 301 Millionen. Und er behauptete allen Ernstes, dass die Kapitalrendite deshalb nur 2% betrage. Ausgerechnet der Finanzbürgermeister braucht wohl Nachhilfe in Sachen Grundrechenarten. Wenn 15,9 Millionen Gewinn auf 230 Millionen Kapital statt auf 301 Millionen bezogen werden, dann ist die Kapitalrendite natürlich noch höher, nämlich 6,9%.
Geschäftsführer und Aufsichtsräte kassieren
Auch die beiden Geschäftsführer der SWSG sahnen ordentlich ab. Inklusive „erfolgsbezogene Komponente“ und Sachleistungen kassieren sie 198.000 bzw. 150.000 Euro im Jahr. Das sind umgerechnet auf den Monat 16.500 Euro bzw. 12.500 Euro. Viele SWSG-Mieter müssen mit weniger als 1/10 über die Runden kommen. Und auch bei den Aufsichtsräten zeigt sich die SWSG in einer Großzügigkeit, wie sie gegenüber Mietern nicht bekannt ist. Die insgesamt 13 Aufsichtsräte bekam 2011 zusammen 26.000 Euro. Das heißt jeder Aufsichtsrat bekommt 2.000 Euro im Jahr. Wofür? Für drei Sitzungen im Jahr. Alle Aufsichtsratsmitglieder der SWSG sind Gemeinderäte. Als solches bekommen sie eine Grundvergütung von 1.200 Euro plus 60 Euro pro Ratssitzung. Der Gemeinderat ist bekanntlich ein ehrenamtliches Gremium. Das heißt die genannten Gelder sind alles Gelder für ein Ehrenamt. Die meisten Gemeinderäte verdienen in ihrem Hauptberuf überdurchschnittlich viel. Wer so abgehoben ist von den Lebensbedingungen eines SWSG-Mieters hat kein Verständnis mehr für deren Sorgen und Nöte. Das erklärt die Arroganz der meisten Gemeinderäte gegenüber den Mietern in der Bottroper Straße und anderswo. Und diese Arroganz war auch in der Sitzung des Gemeinderats spürbar.
…“stellt die SWSG preisgünstigen Wohnraum bereit“
Immer wieder publiziert die SWSG, dass sie ein Wohnungsbauunternehmen mit sozialem Anspruch sei. Im Geschäftsbericht 2011 steht: „Im Auftrag der Landeshauptstadt Stuttgart stellt die SWSG lebenswerten und preisgünstigen Wohnraum bereit.“ Wie das mit der Aussage von Geschäftsführer Wendel zusammenpasse, die Mieten der SWSG auf Mietspiegelniveau anzuheben, wollte Linken-Stadtrat Tom Adler wissen. Für die Geschäftsführer und die meisten Gemeinderäte der anderen Fraktionen passt das zusammen. Andere Wohnungsbauunternehmen würden über den Mietspiegel gehen, so ihre Antwort. Dass die Bevölkerung in Stuttgart bereits mehr als 43% des verfügbaren Einkommens für die Miete aufbringen muss, interessiert sie nicht. In den Kitas der Stadt fehlen Erzieherinnen. Sie wandern ab ins Umland, weil sie mit ihrem geringen Lohn die Mieten in Stuttgart nicht bezahlen können. Die Stadt hätte es in der Hand über die SWSG bezahlbare Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Nicht nur für Erzieherinnen. Das wollen Schuster, Föll und Co. aber nicht. Anstatt bezahlbare Wohnungen zu halten, vernichtet die SWSG sie durch Modernisierungen und Abrissbirnen. Anstatt bezahlbare neue Wohnungen zu bauen, baut die SWSG zu Neumieten von 10 Euro und mehr und betätigt sich im Bau von Luxuswohnungen. So wurden auf der Halbhöhenlage in Mönchfeld mit Blick aufs Neckartal von der SWSG teuere Miet- und Eigentumswohnungen gebaut. Darunter eine Penthouse-Wohnung mit 750.000 Euro Verkaufspreis. Die Wohnfläche beträgt 203 qm Wohnfläche (allein das Bad hat 22 Quadratmeter). Mit dem „ParkQuartier Berg“ wurden auf dem Gelände der ehemaligen Frauenklinik laut Geschäftsbericht “in guter Innenstadtrandlage architektonisch hochwertige Eigentumswohnungen“ … „170 Wohneinheiten der gehobenen Preisklasse“ gebaut.
Eingekauft hat sich SWSG auch für ein Wohnprojekt zur Bebauung des alten Messeparkplatzes auf dem Killesberg in der Maybachstraße. Nicht um den Killesberg mit Sozialwohnungen zu durchmischen. Die SWSG will hier zusammen mit dem Siedlungswerk mit dem Projekt „Wohnen am Höhenpark Killesberg“ 200 teuere Eigentums- und Mietwohnungen bauen. Hier gibt es aber wegen Stuttgart 21 ein großes Problem. Laut Stuttgarter Nachrichten vom 24.06.2009 sind wegen dem Tunnelbau für Stuttgart 21 Bauschäden zu erwarten. Laut Geschäftsbericht gibt es auf dem Grundstück „eine Veränderungssperre der Deutschen Bahn“. Die Folge ist, dass die SWSG im Geschäftsjahr aus dieser Finanzanlage auf dem Killesberg in den letzten beiden Jahren mehr als 600.000 Euro abschreiben musste.
8.000 SWSG-Wohnungen vor der Modernisierung
Für die nächsten 10 bis 15 Jahre will die SWSG 8.000 Wohnungen modernisieren. Das heißt im Klartext, dass 8.000 Mietern Explosionen bei ihrer Miete drohen. Ein Schwerpunkt der SWSG ist der Hallschlag. Laut Wilfried Wendel soll hier ein Drittel der Häuser abgerisssen werden, ein Drittel saniert und ein Drittel instandgehalten werden. Den Abriss von noch bezahlbaren Wohnungen bekommt die SWSG aus dem Fördertopf „Soziale Stadt“ zurückerstattet. Bei einer Sitzung des Bürgergremiums Soziale Stadt im Hallschlag am 22.5.2012 hat die SWSG berichtet, dass sie 7 Millionen Fördermittel aus dem Projekt „Soziale Stadt“ erhalten und damit zuzüglich der Eigenmittel 35 Millionen investiert hat. Bei einer Überprüfung der Subvention von über 1,5 Million Euro für einen Abriss im Hallschlag kam heraus, dass die SWSG sich nicht nur die Abrisskosten, sondern auch noch die Kosten für den Rauswurf der Mieter erstatten lies. Auch den Abriss von Wohnungen am Sharoun-Platz bekam die SWSG aus den Mitteln der „Sozialen Stadt“ bezahlt. Dort entsteht jetzt ein Schicky-Micky-Laden- und Geschäftszentrum. Und weil die Häuserzeilen in der Auricher und Olnhauser Straße nicht mehr zu dem neuen Zentrum mit „eleganter Architektur“ passen, werden sie ebenfalls abgerissen. 135 noch bezahlbare Wohnungen und große Bäume sollen hier dem Erdboden gleich gemacht werden. Neu entstehen sollen nur noch 102 Mietwohnungen zu 12 Euro pro Quadratmeter! Wer kann sich solche Mieten leisten?
Bottroper Straße
Auch die Bottroper Straße und die Frage der Modernisierung spielte in der Ausschusssitzung des Gemeinderats am 15.6.2012 eine Rolle. Das lag daran, dass sich die Mieter im Hallschlag seit Monaten öffentlichkeitswirksam dagegen wehren, dass eine Instandhaltungsmaßnahme als Modernisierung mit bis zu 64% Mieterhöhung betrieben wird. (Siehe Pressespiegel) Der Protest fand sogar seinen Widerhall in der SPD. Die Kreiskonferenz verabschiedete eine Resolution, in der sie die Begrenzung der Mieterhöhung bei Modernisierung auf 10% verlangte. Das interessiert die SPD-Gemeinderäte und ihr Aufsichtsratmitglied bei der SWSG aber nicht. Sie folgen kritiklos der Linie der SWSG-Geschäftsführung die Modernisierungskosten voll auf die Mieter umzulegen auch wenn das 64% Mieterhöhung bedeutet. Stadtrat Tom Adler warf der SPD vor, zu gackern, aber kein Ei zu legen, wenn es darauf ankomme. Sylvia Fischer, Grünen-Stadträtin und Mitglied im Aufsichtsrat der SWSG überschlug sich in ihrem Lob für die profitorientierte Geschäftspolitik der SWSG.
13,4 Millionen investiert die Stadt in die Modernisierung in der Bottroper Straße. Das sind pro Wohnung 70.000 Euro. Die Modernisierung ist weit entfernt von einer umfassenden Instandhaltung. Die 40 Jahre alten Wohnungs- und Zimmertüren bleiben, ebenso die uralten Heizkörper und die alten Rohre in den Küchen. Leute, die vom Bau was verstehen, fragen sich warum das so teuer ist und ob sich da Baufirmen eine goldene Nase verdienen.
Laut Wilfried Wendels Aussage im Gemeinderat investiert die SWSG in der Bottroper Str. 920 Euro/qm. Demnach haben die Blocks eine Wohnfläche von 14.565 qm bzw. durchschnittliche 76 qm. Bei einer Grundmiete von 6,40 Euro/qm bedeutet dies, dass die SWSG von den Mietern in der Bottroper Str. 45 bis 49 und 65 bis 69 pro Monat 93.216 Euro und im Jahr 1,1 Millionen Euro kassiert. Die Nebenkosten sind hier noch gar nicht berücksichtigt. D.h. innerhalb von 13 Jahren hat die SWSG die Kosten für die gesamten Modernisierungsmaßnahmen in Höhe von 13,4 Millionen einkassiert. Geht man davon aus, dass die Miete in der Zeit auch noch ein paar mal erhöht wird, dann geht das noch viel schneller.
Wilfred Wendel rechtfertigte die Mieterhöhung auch damit, dass die energetische Modernisierung zu einer deutlichen Reduzierung der Energiekosten führte. Er bezifferte diese Einsparung im Rathaus zum ersten mal und gab sie mit 70 Cent pro qm. Bleibt die Frage warum die SWSG diese Reduzierung der Heizkosten nicht bei der Neuberechnung der Miete in der Bottroper Str. berücksichtigt. In dem Modernisierungsankündigungsschreiben an einen Mieter einer 95qm-Wochnung heißt es: „Vorauszahlung Heizung: bisher 133,– Euro , neu 133,–Euro“
Gegen Menschenwürde
Die SWSG sagt, wer die Miete nicht bezahlen kann, könne Wohngeld beantragen. Viele Mieter haben aber keinen Anspruch auf Wohngeld. So z.B. der 48jähriger Kranführer Orhan Uyanik in der Bottroper Straße. Er gehört mit seinen 2.500 Euro Nettoeinkommen zuzüglich 700 Euro Kindergeld zu den „Besserverdienenden“ in der Bottroper Straße. Er muss aber mit seinem Einkommen eine 6-köpfige Familie mit vier Kindern, die noch zur Schule gehen bzw. studieren, ernähren. Er bewohnt eine 95qm große Wohnung. Seine Miete steigt durch die Modernisierung von 682 Euro um 250 Euro auf 932 Euro. Mieter wie Orhan Uyanik hat die SPD-Stadträtin wohl im Visier, wenn sie sagt: „Viele Mieter in der Bottroper Straße können aber auch mehr bezahlen.“ (Stuttgarter Nachrichten 7.3.2012) Abgesehen davon, dass nur wenige Anspruch haben auf Wohngeld, fühlen sich die Menschen durch den Gang zur Wohngeldstelle zu recht in ihrer Würde und ihrem Stolz verletzt. Es kann nicht sein, dass die Einkommen nicht ausreichen, um ein Dach über dem Kopf zu bezahlen. Oder anders ausgedrückt, es kann nicht sein, dass die Miete die Hälfte oder noch mehr vom Einkommen auffrisst.
SWSG füllt Finanzlöcher der Stadt
Vom SWSG-Vorstand bis zu den meisten Gemeinderäten wird argumentiert, die SWSG brauche die hohen Mieten und Gewinne zur Finanzierung von Neubauten und weiteren Modernisierungen. Wenn aber mit den Geldern der SWSG Wohnungen modernisiert oder gebaut werden, die so teuer sind, dass sich die Mieter, die jahrzehntelang die Kassen der SWSG gefüllt haben, nicht mehr leisten können, dann läuft etwas schief. Es stimmt auch nicht, dass das erwirtschaftete Geld alles bei der SWSG bleibt. Für den Doppelhaushalt 2000/1 hatte sich die Stadt sage und schreibe 25,5 Millionen Euro von der SWSG geholt, um ein Haushaltsloch zu stopfen. Umgerechnet auf 18.000 SWSG-Mieter ist das ein Betrag von 1.416,– Euro, der den Mietern von der Stadt geklaut wurde. Dieses Geld hätte genutzt werden können, um Mieterhöhungen zu verhindern. Es besteht die Gefahr, dass sich solche Finanztransfers von der SWSG zur Stadtkasse wiederholen. Denn Schuster, Föll und Co. werden nie sagen, wir können die eine Milliarde städtische Mittel für Stuttgart 21 nicht aufbringen und steigen aus. Sie nutzen stattdessen jede Möglichkeit die Stuttgarter Bevölkerung weiter zu schröpfen.
SWSG als Vorreiter für Vertreibung durch Modernisierung
Die hohen Mieten der SWSG sind auch eine Aufforderung an andere Baugesellschaften und private Investoren, die Mieten zu erhöhen und durch Modernisierung Mieter zu vertreiben. Wilfried Wendel hat davon gesprochen, dass die SWSG im Rahmen der „Sozialen Stadt“ oft den Anfang macht und andere Investoren nachziehen. Die Stadtoberen sind an hohen Mieten und Wohnungsknappheit interessiert, weil sie die Profitinteressen der Immobilienspekulanten bedienen. Nicht umsonst war Wolfgang Schuster höchst persönlich im Frühjahr auf der internationalen Immobilienmesse in Cannes. Er wollte den Spekulanten aller Welt zeigen, dass sie in Stuttgart ihr Geld mit Immobilien hoch profitabel verwerten können. Menschen mit niedrigen Einkommen oder Renten sollen aus Stadtteilen vertrieben werden, in denen sich teuere Wohnungen vermieten oder Eigentumswohnungen verkaufen lassen. Das Programm „Soziale Stadt“ ist im Kern eine staatliche Subvention für Mietervertreibung, oder modern ausgedrückt für „Gentrifizierung“.
Märchenstunde
In weiten Teilen hörten sich die Darstellungen im Gemeinderat wie eine Märchenstunde an. So stellte sich die SWSG-Geschäftsführung in Sachen „telefonischer Erreichbarkeit“ und „Kundenorientierung“ ein gutes Zeugnis aus. In Wirklichkeit beschweren sich Mieter ständig über die Hotline (was kostet diese völlig unsinnige Auslagerung eigentlich?). Kundenbetreuer werden oft nicht erreicht. Mieter berichten, dass sie x mal anrufen müssen bis ihr Anliegen aufgenommen wird. Bis zur Umsetzung müssen sie dann noch ein paar mal hinterhertelefonieren. Mieter erleben Kundenbetreuer der SWSG, als Leute die von oben den Auftrag haben, Mieter abzuwimmeln, anstatt sich um ihre Anliegen zu kümmern.
Wilfried Wendel sagte im Gemeinderat auch, dass die Mieter der SWSG bei Baumaßnahmen immer umfassende informiert würden. Und die SWSG käme selbstverständlich ihrer mietrechtlichen Verpflichtung nach bei Baumaßnahmen Mietminderungen zu gewähren. Die Praxis ist, das Mietminderungen erkämpft werden müssen. Von der Informationsveranstaltung der SWSG für die Mieter in der Bottroper Str. am 18.1. berichteten mehrere Mieter übereinstimmend, dass die um die sechzig anwesenden Mieter empört aufgestanden seien und mindestens 50 davon die Veranstaltung verlassen hätten. SWSG-Geschäftsführer Wilfried Wendel, der gar nicht bei der Versammlung war, sagte im Gemeinderat, dass nur fünf bis sechs Mieter den Saal verlassen hätten.
Wilfried Wendel sagte im Rathaus auch, dass es bei Baumaßnahmen jede Woche für die Mieter eine Sprechstunde gebe. In Wirklichkeit ist es so, dass sich die SWSG erst dann um Baustellen kümmert, wenn es massive Mieterbeschwerden gibt. So war es in der Essener Straße 2009, bei der Modernisierung der Häuser Hallschlag 2010 und aktuell in der Bottroper Straße. Und wie kann es passieren, dass auf Baustellen der SWSG noch nicht mal Asbest ordentlich entsorgt wird.
In der Gemeinderatsssitzung sprach ein CDU-Gemeinderat davon, dass 80% der Mieter nach der Modernisierung in ihrer Wohnung bleiben bzw. wieder zurückkehren. Diese Zahl ist völlig aus der Luft gegriffen. Im Hallschlag gibt es Straßenzüge, wo nach der Modernisierung kein einziger Mieter es sich leisten konnte wieder zurückzuziehen.
Weitere Konflikte vorprogrammiert
Die Strategie der SWSG die Mieten auf Mietspiegelniveau zu bringen und weiter zu modernisieren, wird das Konfliktpotential weiter erhöhen, zumal ab 2013 ein neuer höherer Mietspiegel gelten wird. Offensichtlich geht die SWSG selbst davon aus, dass sie in Zukunft größere Schwierigkeiten hat ihre horrenden Mieten einzutreiben. Im Geschäftsbericht heißt es: „Eine allgemein zunehmend schlechtere Zahlungsmoral könnte aber höhere Mietausfälle als bisher bewirken. Diesem Risiko wirkt die SWSG mit ihrem Forderungsmanagement entgegen. Ziel ist, einem möglichen Anstieg von Mietrückständen entgegenzuwirken.“ Die Aussage „schlechte Zahlungsmoral“ ist eine Beleidigung für die Mieter, die einfach nicht das Geld haben, um die hohen Mieten zu bezahlen. Die SWSG schreibt in ihrem Geschäftsbericht, dass ein Drittel ihrer Mieter über 60 Jahre alt ist. Das heißt es sind meist Rentner, die eine kleine Rente haben und durch die Mieten in Altersarmut und Verschuldung getrieben werden. Der Geschäftsbericht der SWSG zeigt die Notwendigkeit, dass sich Mieter organisieren und sich gemeinsam zur Wehr setzen. Der Aufbau von flächendeckenden Mieterinitiativen bei der SWSG und ihre Vernetzung mit anderen Mieterinitiativen ist das Gebot der Stunde. Der Mieterverein ist gefordert eine härtere Gangart gegenüber der SWSG einzulegen.
Zahlen und Fakten aus dem SWSG-Geschäftsbericht für das Jahr 2011:
Gewinn: 15,9 Millionen
Kapitalrendite: 5,3 %
Umsatzrendite: 10%
Erbbaupachtzins an die Stadt: 5,656 Mio
Aufwendungen für zwei Geschäftsführer: 348.000
Aufwendungen für 13 Aufsichtsräte: 26.000 Euro.
Mietwohnungen zum 31.12.2011: 17.988 (1.166 Tqm). Davon 7.000 Sozialwohnungen. Der Marktanteil beim Wohnungsbestand beträgt 6%, bei den Sozialwohnungen 50%.
1% Leerstand
Mieteinnahmen im Jahr : 112,6 Mio
Durchnittsmiete: 6,22 Euro 2012. 2003 4,72 Euro Durchsnittsmiete
Investitionen in die Instandhaltung: 25,4 Millionen
Für 22,5 Millionen wurden 2011 303 Wohnungen energetisch saniert
Für 30 Mio wurden 2011 183 Mietwohnungen gebaut.
94 Wohnungen wurden 2011 für 2,9 Millionen verkauft und zwölf für 2,6 Mio gekauft (Preis pro Einheit 216.000!)
74 Eigentumswohnungen bzw. Häuser wurden 2011 übergeben.