SWSG-Geschäftsbericht 2012 im Gemeinderat am 14.6.2013

„Wir leben in einer wunderbaren Stadt. Probleme die es auch gibt, gehen wir an.
Wir brauchen: bezahlbaren Wohnraum für Geringverdiener und für Familien mit Kindern.“ Mit diesem Satz beginnt ein Flyer von Fritz Kuhn kurz vor der OB-Wahl im Oktober 2012.
Wenn Fritz Kuhn dieses Wahlversprechen ernst meinen würde, dann hätte er den Aufsichtsratsvorsitz der städtischen Wohnungsbaugesellschaften SWSG übernommen und im ersten Schritt dafür gesorgt, dass die Mieterhöhung von bis zu 10% ab 1.7.2013 zurückgenommen wird. Im zweiten Schritt würde er dafür sorgen, dass die SWSG nicht länger Profitmaximierung auf Kosten ihrer Mieter betreibt, sondern die Mieten auf ein bezahlbares Niveau senkt, Instandhaltungsmaßnahmen nicht länger vernachlässigt werden und der miserable Service bei der SWSG verbessert wird.
Doch Fritz Kuhn hielt es noch nicht mal für nötig, bei der Vorstellung des Geschäftsberichts der SWSG im Gemeinderat anwesend zu sein. Das ist kein Unfall. Das hat Methode. Es ist der übliche Wahlbetrug. Für die Grünen erklärte Stadträtin Silvia Fischer, die auch im Aufsichtsrat der SWSG sitzt: „Wir unterstützen die Ausrichtung der SWSG“. Aber: das ist das Gegenteil von „bezahlbarem Wohnraum“.
Genauso heuchlerisch verhalten sich die Gemeinderäte der SPD. Auch sie versprechen in jedem Wahlkampf günstige Mietwohnungen. Im Mai 2012 hatte ein Kreiskonferenz der Stuttgarter Sozialdemokraten für Moderniserungen bei der SWSG beschlossen: „Eine Mieterhöhung darf nicht mehr als zehn Prozent ausmachen“. Kein Gemeinderat der SPD hält sich an diesen Beschluss. Die mehr als doppelt so hohen Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierungen bei der SWSG werden von der SPD mitgetragen.
Diese Politik wird mitgetragen, obwohl der Geschäftsbericht der SWSG zeigt, dass die SWSG in Geld schwimmt und allen Kommunalpolitikern bekannt ist, dass immer mehr Stuttgarter verarmen und die hohen Mieten – auch bei der SWSG – dafür ein Grund sind.
Die einzige Partei, die im Gemeinderat und im Aufsichtsrat Opposition macht gegen Mietenabzocke ist SÖS und Linke. Maria Lina Kotelmann machte bei der Sitzung im Rathaus am 14.6. klar, dass sie als einzige im Aufsichtsrat die Mieterhöhung abgelehnt hätte und eine Begrenzung der Mieterhöhung bei Modernisierung auf max. 10% fordere. Die Gemeinderätin von SÖS und Linke stellte als einzige kritische Fragen und forderte, dass die SWSG ihre soziale Verpflichtung endlich ernst nehme.

Sozialwohnungen

In Stuttgart haben 17% der Haushalte, das sind 50.000 Familien, Anspruch auf Sozialwohnungen. Es gibt aber nur noch 16.000. Die SWSG könnte das Defizit an Sozialwohnungen abbauen. Macht es aber nicht. Stattdessen vernichtet dies SWSG in vielen Stadtteilen (Rohrer Höhe, Zuffenhausen-Rot, Weilimdorf-Wolfbusch usw.) günstige Altbauwohnungen und baut an die gleiche Stelle Eigentumswohnungen und teuere Mietwohnungen. Im Hallschlag, in Stuttgart Ost und anderswo werden noch preisgünstige Wohnungen modernisiert und so verteuert, dass Mieter nicht mehr in ihrer Wohnung bleiben können.
Das Land stellt zinslose Darlehen für den Bau von Sozialwohnungen zur Verfügung. Die Kommunen könnten mir ihren Wohnungsbaugesellschaften die Gelder abgreifen, tun es aber nicht. Eine Ausnahme ist dabei die Stadt Tübingen. Sie hat im vergangen Jahr rund die Hälfte der Fördermittel des Landes abgegriffen. Der Durchschnittspreis der Sozialwohnungen liegt dort bei 4,92 Euro. Wenn die Städte ihre eigenen Grundstücke und die Landesmittel einsetzen, können Neubauten zu einer kostendeckenden Miete von um die 4 Euro gebaut werden. Seit 1.1.2009 ist in Baden Württemberg der zulässige Mietpreis bei Sozialwohnungen 33% unter der ortsüblichen Vergleichsmiete für frei finanzierte Wohnungen. Wenn man bedenkt, dass für Neubauten gar kein Mietspiegel greift, sondern genommen werden kann, was der Markt hergibt, dann wird klar dass die neuen Sozialwohnungen nicht mehr sozial sind. Selbst bei der SWSG ist es so, dass die wenigen neu gebauten Sozialwohnungen bei einer Kaltmiete von mindestens 6,50 Euro liegen. Wenn es nach Oberbürgermeister Kuhn geht, sollen private Investoren mit zusätzlichen städtischen Mitteln Anreize zum Bau von Sozialwohnungen bekommen. Für die Kaltmiete dürfen für diese „Sozial“Wohnungen dann 7.50 Euro verlangt werden. Für Geringverdiener und viele Familien ist das unbezahlbar. .

Stadt verscherbelt weiter Grundstücke und Wohnungen

Städtische Grundstücke werden auf dem Immobilienmarkt verscherbelt, wie z.B. die Brache Ecke Badstr./Kühlbrunnengasse in Bad Cannstatt, die frei werdenden Gelände des Bürger- und Olgahospitals, die Brache neben dem Mineralbad Berg usw. Bei der Beer-Siedlung in Stuttgart-Ost hat die Stadt – unterstützt von allen Fraktionen im Gemeinderat außer SÖS und LINKE – ihr Vorkaufsrecht nicht in Anspruch genommen und damit bewusst das Verscherbeln von 60 noch bezahlbaren Wohnungen an einen Immobilienspekulanten zugelassen. Und Ende Juni hat unter dem Vorsitz von OB Kuhn der Aufsichtsrat der SSB mit überwältigender Mehrheit – d.h. mit Zustimmung von Grünen- und SPD-Vertretern, entschieden, in Stuttgart Ost die Wohnhäuser in der Landhausstraße 191 bis 201 und Raitelsbergstraße 54 an ein privates Immobilienunternehmen zu verkaufen. Diese Privatisierung von 55 Personalwohnungen ist ein klarer Bruch mit Kuhns Wahlversprechen: „Bezahlbarer Wohnraum für Geringverdiener und für Familien mit Kindern.“.
Es ist schlicht und einfach gelogen, wenn Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle von den Grünen am 18. Juni behauptet, städtische Mitarbeiter mit preiswerten Wohnungen zu gewinnen, „ist leider wegen der gegenwärtigen Situation auf dem Immobilienmarkt in Stuttgart erst mittelfristig möglich“. Der gleiche Bürgermeister verhandelt derzeit über den Verkauf der letzen Personalwohnungen am Klinikum.
Bei den Stadtoberen und bei der Mehrheit der Gemeinderäte gibt es keinen politischen Willen für den nötigen radikalen Kurswechsel in der Wohnungspolitik Der Immobilienmarkt soll privaten Investoren und Immobilienspekulanten überlassen werden und auch die SWSG soll Mietpreise nehmen, die der Markt hergibt. Die Geringverdiener und sozial Benachteiligten will man eigentlich gar nicht mehr in der Stadt haben. Wenn die vielen neuen Einkaufscenter erst mal fertig sind, braucht man noch zahlungskräftigere Stadtbewohner. Bei einer Mieterversammlung im Fasanenhof brachte es ein SWSG-Mieter am 5.6. auf den Punkt: „Die treiben uns mit ihrer Politik aus unseren Wohnungen unter die Brücken.“ Und es ist auch kein Zufall, dass in der gleichen Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Wohnen in der die Abzocke der SWSG-Mieter von den Gemeinderäten abgesegnet wurde, eine Zahlung von mehr als 3 Millionen Euro an die Landesmesse als Ausgleich für versprochene und nicht erbrachte Zahlungen aus der Wirtschaft beschlossen wurde. So läuft die Umverteilung von unten nach oben auf kommunaler Ebene.

Zahlen und Fakten aus dem SWSG-Geschäftsbericht für das Jahr 2012:

In Klammern jeweils die Zahlen von 2011
Jahresüberschuss: 13,255 Mio Euro (15,9 Mio)
Kapitalrendite: 4,2% (5,3%)
Umsatzrendite: (10%)
Erbaupachtzins an die Stadt: (5,65 Mio)
Aufwendungen für zwei Geschäftsführer: 368.000 Euro (348.000 Euro)
Aufwendungen für 13 Aufsichtsräte: 24.000 Euro (26.000 Euro)
Mietwohnungen zum 31.12.2012: 18.043 mit insgeamt 1.175 Tqm Fläche. Das entspricht 6% des Wohnungsbestands. (Vj 17.988 Wohnungen, davon 7.000 Sozialwohnungen)
Leerstand: ?
Mieteinnahmen: 120,6 Mio. (112,6 Mio)
Durchschnittsmiete: 6,33 Euro pro qm (6,22 Euro kalt)
Investitionen in die Instandhaltung: 27,2 Mio Euro (25,4 Mio Euro)
Modernisierung: 473 Wohnungen (Vj 303) für 23,9 Mio. Euro (17,9 Mio Euro)
Neubau von Mietwohnungen: 139 (138)
Neubau von Eigentumswohnungen: 51