Höchste internationale Architektenauszeichnung geht in 2021 an Architekten mit der Maxime: „Nie abreissen“
Der Pritzker-Preis gilt als höchste Auszeichnung in der internationalen Architektur-Welt. Dieses Jahr hat diesen Preis das Architektur-Duo Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal bekommen. Ihre Maxime: „Nie abreissen“. Sie vertreten die Position der demokratischen nachhaltigen und preisgünstigen Modernisierung und betrachten Abriss als mieterfeindlichen und ökologisch nicht zu vertretenden Gewaltakt. Es ist die Gegenposition zur undemokratischen, klima- und mieterfeindlichen Baupolitik privater Investoren, der städtischen SWSG, der Baugenossenschaften Zuffenhausen, Neues Heim und anderer.
Die beiden Architekt*innen A. Lacaton und J.P. Vassal haben in den Jahren 2014/2015 preisgünstig Sozialwohnungen aus den 60er Jahren ohne Auszug der Mieter*innen vorbildlich modernisiert und dabei den Energieverbrauch stark reduziert. Die Kosten der Modernisierung pro Quadratmeter betrugen 461 Euro. Zum Vergleich kostete die energetische Modernisierung der SWSG 2012/3 in der Bottroper Straße pro Quadratmeter zu Beginn 693 Euro pro Quadratmeter und nach dem Widerstand gegen die hohen Kosten am Ende 401 Euro pro Quadratmeter. Dabei hat die SWSG in den Wohnungen nur die Fenster ausgetauscht und eine Lüftungsanlage (zusätzlicher Stromverbrauch) eingebaut. Die Maßnahmen waren also viel geringer. Es ging vor allem um eine Styroporverpackung, die den Energieverbrauch nicht reduzierte, um Dachsanierung, neue Abflussrohre und das Streichen des Treppenhauses. In den von den Architekten Lacaton und Vassal modernisierten Häusern war die Energieersparnis so hoch, dass die Warmmiete nicht höher war als vorher. In den Häusern der SWSG in der Bottroper Straße ist der Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser sowie für Strom gestiegen. Die Warmmieten haben sich für die Bewohner*innen in der Bottroper Straße um 28% erhöht. Pritzker-Preis für Architektenduo „Die beiden bauen sehr sozial“ Deutschlandfunk Kultur 16.03.2021
Geringes Budget, maximale Wohnqualität, Deutschlandfunkt 16.3.2021
Artikel über Umbau von Sozialwohnungen durch A. Lacton und J. P.Vassal
Kirsten Wiessmann, SWSG-Mieterin, die ihre Wohnung im Hallschlag wegen Abriss verlor und in eine alte Bestandswohnung umziehen konnte, schreibt dazu:
Mittlerweile denke ich so: Nur gegen die hohen Mieten zu protestieren, reicht nicht. Nach einem längeren Spaziergang durch den Bereich, der abgerissen werden soll, ist mir klar geworden: Wir alle wollen ja in unseren Häusern wohnen bleiben. Wir wollen nicht umziehen. Solange die Häuser in Stand sind, sollten sie erhalten bleiben. Es ist schön dort, so heimelig, – Und UMWELTVERTRÄGLICH!
Im März dieses Jahres sind die französischen Architekten Anne Lacaton und Jean-Philipp Vassal mit dem Pritzker-Preis, der höchsten Auszeichnung für Architektur, ausgezeichnet worden. Beide stehen für Aus- und Umbauten von Wohnungen in menschenfreundlichem Sinn. Sie nützen den Menschen sozial, ökologisch und wirtschaftlich, indem sie nicht abreißen sondern aus- und umbauen. Ihr Vorsatz: NICHTS ABREISSEN. „Es gibt zu viele Demolierungen von existierenden Gebäuden, die nicht alt sind, noch ein Leben vor sich haben und noch nicht ausrangiert sind. Wir glauben, dass das (Abreißen) eine zu große Verschwendung von Materialien ist“. Auf diese Weise haben die beiden Architekten viele bestehende Gebäude in neue, erschwingliche Wohnanlagen umgebaut. „Nie abreißen, nie einen Baum fällen, nie […] Blumen herausreißen“, sagt Vassal. Der Pritzker-Preis gilt als renommierteste Auszeichnung der Architektur. Preisträger waren unter anderem Zaha Hadid, Norman Foster u.a.m.
Es gibt ja schon Konzepte, der Versiegelung in unseren Städten entgegenzuwirken. Ich habe mir einiges aus dem PC rauskopiert, werde Dir am Montag was mitbringen. Die SWSG bleibt, was den Umweltschutz betrifft, ja immer noch bei einem ‚Weiter-so‘ wie bisher, d.h. einem völligen Ignorieren der Klimakatastrophen der vergangenen Jahre, die Stadt Stuttgart wohl ebenso. Ich würde ihn gerne mitaufnehmen. Denn sehe ich mir meinen früheren Wohnbereich Düsseldorfer Str. an, ist dort, hinsichtlich Zubetonieren, schwer gesündigt worden. Alles versiegelt. Alle Büsche und Bäume und Grünflächen sind verschwunden. Ein Alptraum. Dafür werden heutzutage Ausgleichsbegrünungen verlangt. Ja, wirklich. Die Länder tun sich nur schwer mit der Realisierung . . . Bei uns hier, im Rest- Hallschlag, gibt es das noch. In den Büschen vor meinem Schlafzimmer-Fenster summen emsig die Bienen, in den Bäumen jagen sich die Eichhörnchen, Igel ziehen mit ihren Jungen durch die Wiesen und Vögel zwitschern von morgens bis abends, – Artenschutz in Reinkultur. Und Luftschutz. Das muss erhalten bleiben, – der Artenschutz will das. Die Umwelt will’s.