Mieterinitiative Kritisiert pauschale Heizkostenerhöhung bei SWSG – Offener Brief, Antwort der Geschäftsleitung und Protest der Mieter/innen im Rathaus
Seit Juli 2022 verschickte die SWSG den Mieterinnen und Mietern Nebenkostenabrechnungen, die eine pauschale Erhöhung der Vorauszahlung für Heizung enthielten. Dabei orientiert die SWSG sich nicht an den tatsächlichen Kosten, die im letzten Abrechnungszeitraum entstanden sind und an bereits eingetretenen und belegten Energiepreissteigerungen. Stattdessen werden die Vorauszahlung in weit höherem Ausmaß erhöht und es werden auch solche Kostenarten einbezogen, die gar nicht von den Preissteigerungen betroffen sind, wie z.B. das Kaltwasser. Außerdem wurden die von der Bundesregierung beschlossenen Entlastungsmaßnahmen im Rahmen der Energiepreisbremse (die wir für unzureichend halten) nicht einbezogen. Insgesamt war das Vorgehen der SWSG nicht rechtens.
Die Mieterinitiativen verfassten deshalb am 16. September 2022 einen Brief an den Aufsichtsrat, um – unter anderem – gegen die pauschalen Heizkostenerhöhungen zu protestieren.
Den Brief können Sie hier nachlesen: 20220916_Brief_AR_SWSG
Lange erhielten wir keine Antwort. Wir nutzen die Zeit, um bei der Gemeinderatsfraktion Die FrAKTION LINKE SÖS Piraten anzuregen, dass diese einen Antrag gegen die pauschalen Erhöhungen der Heizkosten in den Gemeinderat einbringt. Den Antrag der Dazu gestellt wurde können sie hier nachlesen. Dieser Antrag wurde im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen am 9.12. abgehandelt.
Nur die beiden Vertreterinnen der Linken stimmten für den Antrag. Udo Lutz von der SPD und der Vertreter von Puls enthielten sich. Alle anderen von SPD, Günen, CDU, Freie Wähler, FDP und AFD stimmten gegen dier Rücknahme der 60% Erhöhung.
Gemeinderäte waren genervt von dem Antrag. Im Aufsichtsrat sei das schon ausführlich erklärt worden, warum es diese Erhöhung gibt. Und überhaupt könne der Antrag gar nicht so hier beschlossen werden. Er musste erst umgeändert werden in einen Weisungsbeschluss an die Gesellschafterversammlung der SWSG. Was Johanna Tiarks von DIE LINKE dann auch tat.
In der Ausschussitzung bekam die SWSG nochmal die Gelegenheit sich für die Erhöhung der Heizkostenvorauszahlung zu rechtfertigen. Betroffen von der Erhöhung ab September seien nur die Mieter mit Fernwärme. Das ist nachweislich falsch. Uns sind zwei Wohnsiedlungen (Lauchhau und Bochumer Str.) bekannt, in denen von Mieterinnen, die mit Gas heizen ebenfalls ab September 2022 eine 60%ige Erhöhung der Vorauszahlung verlangt wurde. Bei 19.000 Wohnungen kann man davon ausgehen, dass wir nicht von allen wissen und es noch mehr gibt.
Es wurde zumindest deutlich im Ausschuss, dass sich die SWSG hier rechtlich auf dünnem Eis bewegt. Stefan Conzelmann von der SPD hat nochmal darauf hingewiesen, dass pauschale Erhöhungen nicht zulässig sind, und genauso wie die Vermieter die Mieter nach Erhalt der Abrechnung ein Recht darauf hätten den erhöhten Abschlag abzulehnen, wenn er über 1/12 der Kosten des Vorjahres hinausginge.
Udo Lutz von der SPD wies darauf hin, dass sich die SWSG an die Rechtslage halten müsse.
Die SWSG verteidigte sich mit dem Argument, sie wollte mit dem erhöhten Abschlag die Mieter vor hohen Nachzahlungen schützen. Auf die Aussage von Johanna Tiarks, dass viele Mieter diese erhöhten Abschläge gar nicht bezahlen könnten, antwortete Finanzbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender der SWSG, Thomas Fuhrmann, die Mieter könnten ja dann zur Schuldenberatung gehen. Welch ein Zynismus von Politikern und Geschäftsführern, die bis zu 20.000 Euro im Monat verdienen.
Herr Sidgi musste eingestehen, dass kein Mieter die Erhöhung bezahlen muss. Er behauptete, dass Briefe mit der Androhung von mietrechtlichen Konsequenzen und Abbuchungen vom Konto trotz Ablehnung durch die Mieter, Fehler der Mitarbeiter gewesen seien. Das halten wir nicht für glaubhaft.
Außerdem hat sich die SWSG damit verteidigt, dass die Entlastungen der Regierung zu dem Zeitpunkt als die Abrechnungen raus gegangen sind, noch nicht bekannt waren. Das stimmt nur für Abrechnungen, die aus welchen Gründen auch immer, bereits im Juli 2022 verschickt wurden. Nachdem die Gasumlage aber im September vom Tisch war, wurde ein Entlastungspaket für die VerbraucherInnen verkündet. Anfang Oktober hat die Expertinnenkommission bereits ihre Vorschläge unterbreitet. Aber erst nachdem die Regierung die Entlastungen am 15.12. die Entlastungen beschließen würden, seien diese sicher, so die SWSG. Nun wolle die SWSG korrigierte Abrechnunen verschicken. Wir sind gespannt.
Auch wenn es im Ausschuss des Gemeinderats für die Rücknahme der 60% Erhöhung keine Mehrheit gab, für uns ist entscheidend, dass offensichtlich jetzt Korrekturen kommen, weil die SWSG ihre Politik hier nicht mehr aufrechterhalten kann. Ob diese Korrektur nun über einen formalen Beschluss im Gemeinderat oder nicht, erfolgt, kann uns egal sein. Wir gehen aber davon, dass es ohne den von den Mieterinitiativen entfachten Druck in dieser Sache keine Korrektur gegeben hätte. Und ob die Korrekturen korrekt sind ist offen.
Herr Sidgi hat sich über die Mieterinitiative beschwert über uns, weil wir angeblich Öl ins Feuer gießen und die Mieter gegen die SWSG aufbrächten. Dabei ist es die SWSG, die die Mieter mit ihrer mieterfeindlichen Politik aufbringt. Die Mieterinitiativen geben dem Unmut einen organisierten Ausdruck.
In der Hochhaussiedlung im Lauchhau hat es mit Schreiben vom 8.12.2022 bereits Korrekturen gegeben. Die Erhöhung der Vorauszahlung ab September wurde zurückgenommen. Eine „Anpasssung“ wurde jetzt für 1.2.2023 vorgenommen. Statt um 167 Euro wird die Vorauszahlung um 85 Euro erhöht.
Einen Tag bevor der Antrag zur Abstimmung auf der Tagesordnung des Wirtschaftsausschuss im Gemeinderat stand, schickte die SWSG noch dieses Antwortschreiben: 2022_12_07-Antwort Capezzone SWSG Mieterinitiative Stuttgart
Darin wird anerkannt, dass die Mieter das Recht haben, über die Vorauszahlung zu entscheiden. Bei der Fernwärme wird in Aussicht gestellt, dass nach der Festlegung der Regierung auf einen Deckel von 9,5 Cent die SWSG die daraus „resultierenden Heizkostenreduktionen in entsprechend angepasste Heizkostenvorauszahlung überführen“ werde.
Im August hatte die SWSG den Stuttgarter Nachrichten gegenüber behauptet, dass überall, wo technisch möglich, Wärmemengenzähler eingebaut seien und nur in zwei Abrechnungseinheiten die Aufteilung der Energie für Heizung und Warmwasser mit der nicht mehr zulässigen Formel. Jetzt gibt die SWSG in dem Antwortschreiben an die Mieterinitiative zu, dass sie bis Anfang 2022 gar nicht wusste, wo Wärmemengenzähler fehlen und dort wo sie fehlten, sei der Auftrag erteilt worden, dass welche eingebaut werden. Allen Mietern, bei denen 2020 und 2021 mit Formel abgerechnet wurde, wurde in dem Schreiben an die Mieterinitiative zugesagt, dass sie für 2020 und 2021 automatisch eine Rückerstattung der Heiz- und Warmwasserkosten in Höhe von 15% erhielten.