Argumente gegen die Mieterhöhung bei der SWSG

Die SWSG argumentiert, dass die Mieten erhöht werden müssten, weil die SWSG das Geld für Instandhaltung, Modernisierung und Neubau bräuchte. Wir halten dagegen. Die SWSG macht mit Mieterhöhungen Profite auf Kosten der Mieterinnen und Mieter.

 

  1. Die letzte Mieterhöhung gab es bei der SWSG im Jahr 2016. Trotzdem hat die SWSG jedes Jahr sehr hohe Gewinne eingefahren. Im Jahr 2020 gab es einen Rekord beim operativen Gewinn in Höhe von 23,4 Millionen Euro. Das sind vier Millionen Euro mehr als im Jahr davor. Die Mieteinnahmen liegen 2020 bei fast 159 Millionen Euro und damit  25 Millionen Euro höher als in 2015 (134 Millionen).
  2. Die Schere zwischen verfügbaren Einkommen und Mietbelastungen sind in den letzten Jahren stark auseinandergegangen. Durch Corona wurde dieser Prozess verstärkt. Durch Jobverlust und Kurzarbeit sind für viele Mieter*innen die Einkommen gesunken. Die Tariflöhne sind kaum gestiegen. Selbst in der Metallindustrie gab es 2018 die letzte tabellenwirksame Tariferhöhung. Laut Wohnungsmarktbericht der Stadt Stuttgart 2021 gibt jeder fünfte Mieterhaushalt mehr als 40% seines Nettoeinkommens für Miete (Bruttokaltmiete) aus. Bei Geringverdienern mit weniger als 1.300 Euro netto gehen laut städtischem Wohnungsmarktbericht im Durchschnitt 55% des Nettoeinkommens für die Miete drauf. Die Zahl der überschuldeteten Haushalte ist in den letzten Jahren gestiegen. Laut Schuldenatlas lag 2019 die Schuldnerquote in Bad Cannstatt bei 10.14%. „Das drängendste Problem sind die hohen Mieten. Die fressen den Leuten das Geld weg.“ (Reiner Saleth, Leiter der Schuldnerberatung, STN 21.1.2020). Die offiziellen Zahlen weisen für das Jahr einen Reallohnverlust von 3,5% aus, für einzelne Gewerbe wie Hotelwesen und Gastronomie über 17%. Eine Umkehrung dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Für Normal- und Geringverdiener sind die Mieten somit eine existentielle Frage.
  3. In Stuttgart gab es Ende 2020 laut Stadtverwaltung nur noch 14.274 Sozialwohnungen. 2010 waren es noch 16.302. Die Stadt prognostiziert in ihrem Jahres-Wohnungsbericht 2020 für 2028 nur noch 13.000 Sozialwohnungen. Dabei hat die Hälfte der Mieterhaushalte in Stuttgart vom Einkommen her Anspruch auf eine Sozialwohnung. Selbst für frei finanzierte Altbauwohnungen der SWSG Am Römerkastell, in die jahrzehntelang nichts investiert wurde, kassiert die SWSG Kaltmieten von fast 8 Euro.  Hier kostet eine 88 qm große Wohnung kalt 686 Euro und mehr als 900 Euro Euro warm. Diese Wohnungen mit einer Miete von unter 8 Euro pro Quadratmeter werden derzeit in großem Stil von der SWSG und anderen Wohnungsgesellschaften durch Abriss-Neubau vernichtet. Statt Sozialwohnungen neu zu bauen, werden Bestandswohnungen mit niedrigen Mieten in Sozialwohnungen (mittelbare Belegung) umgewandelt.  Diese Sozialwohnungen sind dann teurer als die alten frei finanzierten Bestandswohnungen. Es findet also im großen Stil die Vernichtung von relativ günstigen Mietwohnungen in teure Neubauten statt, während gleichzeitig die Zahl der Sozialwohnungen immer weiter sinkt.
  4. Die frei finanzierten Neubauten in der Dessauer/Lübecker Str. kosten 11,50 Kaltmiete und einschließlich verpflichtendem Tiefgaragenplatz und Nebenkosten liegt die Warmmiete dann bei 14,30 Euro. Eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit 64,74 qm in der Lübecker und Dessauer Straße kostet warm (einschließlich verpflichteten Tiefgaragenplatz) 921,72 Euro. Die frei finanzierten Wohnungen in der Keltersiedlung kosten 12,50 Kaltmiete. Die Sozialwohnungen in der Keltersiedlung 8,50 Euro. Eine Erzieherin bei der Stadt Stuttgart verdient…. . Eine Verkäuferin verdient bei einem Vollzeitjob…. Laut der Gewerkschaft IG BAU verdient jeder vierte Bauarbeiter nur 12,55 Euro in der Stunde und kann sich keine Wohnung in der Stadt leisten.
  1. Die von der SWSG-Geschäftsführung ständig kommunizierten angeblich sozialen und 20% bis 30% unter dem Mietspiegelwert liegende Mieten sind irreführend. Denn die von der SWSG angegebene Durchschnittsmiete (2020 7,54 Euro) werden unter Einbeziehung der Sozialwohnungen errechnet. Von 18.953 Wohnungen der SWSG sind 7.267 Sozialwohnungen. Diese Sozialwohnungen drücken die Durchschnittsmieten. Bei Wiedervermietung vermietet die SWSG bei frei finanzierten Wohnungen zum Mittelwert des Mietspiegels. Bei den Mieterhöhungen 2013 hat die SWSG-Mieterinitiative festgestellt, dass die SWSG im Hallschlag und anderen Stadteilen ganze Straßenzüge im Mietspiegel zu hoch eingestuft hatte und nach Protesten Korrekturen und sogar Mietsenkungen vornehmen musste. Im Vergleich zu Genossenschaften liegt die SWSG bei ihren Durchschnittsmieten über dem Durchschnitt. Die Durchschnittsmiete der SWSG lag zum Beispiel im Jahr 2029 bei 7, 45 Euro, bei der Baugenossenschaften Bad Cannstatt bei 7,30 Euro (trotz anteilsmäßig viel weniger Sozialwohnungen). Die Landesbaugenossenschaft LBG weist in ihrem Geschäftsbericht für 2019 eine Durchschnittsmiete von 6,09 Euro (nur 356 von 5.500 Wohnungen sind Sozialwohnungen) aus. Die Genossen erhalten außerdem eine Verzinsung von 4% ihrer Einlage, pus 1% Solarbonus. Damit sind die Wohnungen dieser Genossenschaften im Durchschnitt billiger als die Neubauten und die meisten der modernisierten Sozialwohnungen und viel billiger als die frei finanzierten Wohnungen der SWSG.
  2. Die Nebenkosten sind bei der SWSG mit durchschnittlich über 3 Euro pro Quadratmeter und Monat extrem hoch. Sie werden ab 2020 sprunghaft steigen, weil die die Stadt hat 2020 die Grundsteuer wieder erhöht. Die Müllgebühren für den Restmüll sind 2020 um 10% teurer als 2018. Auch die Gebühren für Schmutzwasser und Niederschlagswasser steigen in 2020. Die EnBW hat ab 1. Januar 2021 den Wasserpreis erhöht. 2021 wurde die C02-Steuer eingeführt mit 25 Euro pro verursachter Tonne CO2 eingeführt. Sie soll bis 2025 auf 55 Euro/Tonne Co2 steigen. Das führt zur Erhöhung der Energiekosten. Unter der Voraussetzung, dass die Vermieter die Hälfte der CO2-Steuer bezahlen müssen, muss ein durchschnittlicher Haushalt 2020 allein fürs Heizen im Jahr 2021 mit 50 Euro höheren Kosten rechnen.
  3. Braucht die SWSG die Mieterhöhungen um ihre Neubauvorhaben und Wachstumsziele zu erreichen? Nein. Erstens ist es durch nichts zu rechtfertigen, dass die Mieter mit ihrer Miete nicht nur die Kosten und Gewinne für die Wohnung, die sie bewohnen finanzieren sollen, sondern auch noch die Kosten für künftige Neubauten. Die finanziellen Mittel können durch eine Reihe von Maßnahmen drastisch erhöht werden: Instandhaltung und Modernisierung im Bestand statt Abriss/Neubau. Das ist auch vom ökologischen Standpunkt das Gebot der Stunde. Für den Abriss und Neubau in den Straßen Essener/Düsseldorfer/Auf der Steig hat die SWSG 96 Wohnungen abgerissen und 128 neu gebaut. Dafür wurden 32 Millionen Euro ausgegeben. Mit anderen Worten: jede zusätzliche Wohnung hat eine Million Euro gekostet. Mieteinnahmen mussten auch herhalten um für 25,7 Millionen die Personalwohnungen des Klinikums und für 17 Millionen die Weißenhofsiedlung zu kaufen. Dadurch wurde keine einzige neue Wohnung geschaffen.
  4. Es muss aufhören, dass die SWSG jedes Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag für den Kauf von Grundstücken an die Stadt überweist, die bisher in Erbpacht vergeben waren. Für ihren Doppelhaushalt 2000/2001 hat sich die Stadt von der SWSG 25,5 Millionen Euro geholt, um ein Haushaltsloch zu stopfen. Dafür hat die SWSG einen Kredit aufgenommen, der über Mieteinnahmen abbezahlt werden musst. Bis heute wurde diese Geld nicht zurückgegeben. Anstatt städtische Grundstücke an private Investoren für teuere Eigentums- und Mietwohnungen zu verkaufen, müssen diese Grundstücke von der Stadt bzw. der SWSG bebaut werden. Die SWSG kann alle Neubauwohnungen und auch Modernisierungen als Sozial- und Personalwohnungen bauen. Dafür stellt das Land Baden Württemberg  (neuerdings auch für den Bau von Personalwohnungen) zinslose Kredite bis 80% der Baukosten zur Verfügung. Dadurch könnten die Neubaukosten enorm gesenkt und der extreme Mangel an Sozial- und Personalwohnungen behoben werden. Bezüglich der Personalwohnungen am Klinikum ist die Lage so, dass nach Verkauf an die SWSG und Abriss/Neubau am Ende von 1.590 Personalwohnungen 790 teure Personalwohnungen übrig bleiben. Der Bedarf an Personalwohnungen ist damit nicht gedeckt und mit eine Ursache für Personalmangel am Klinikum.