Abrisswahn erreicht Personalwohnheime des Klinikums

In allen Stadteilen werden derzeit von der städtischen SWSG und anderen Wohnunggesellschaften preisgünstige Wohnungen mit guter Bausubstanz für teuere Neubauten abgerissen. Der Abrisswahn ergreift nun auch die Personalwohnungen des Klinikums.

Gebäude Prießnitzweg 18

 

Badezimmer Appartment Prießnitzweg 18

 

Trotz Personalmangel und Wohnungsnot baut die Stadt seit Jahren Personalwohnungen am Klinikum ab. Von einst 1.590 Wohnungen für Pflegekräfte, Auszubildende, Reinigungskräfte und andere Beschäftigte waren Ende 2018 nur noch 870 übrig. Im Jahr 2024 sollen es nur noch 790 sein.

Im Prießnitzweg in Bad Cannstatt gibt es derzeit 358 Wohneinheiten: 115 Appartments, 234 Zimmer und 9 Wohnungen. Hier können um die 400 Menschen wohnen. Damit soll vorerst Schluss sein.

Alle Bewohner sollen bis Ende Juni 2019 ausziehen. Dann soll das Gebäude abgerissen und durch einen Neubau mit 268 Appartments, 25 Wohnungen und 107 Wohngemeinschaftszimmern in 36 Wohnungen  ersetzt werden.  Bisher gibt es keine Stellplätze für die Personalwohnungen. Da die Beschäftigten nah an ihrem Arbeitsplatz wohnen, haben sie meist kein Auto. Im Neubau sind 189 Stellplätze eingeplant.

Für ein Zimmer bezahlen Auszubildende derzeit um die 100 Euro Warmmiete. Ein künftiges WG-Zimmer soll 351 Warmmiete  kosten.

Ein Appartment kostet derzeit 11,25 Euro Warmmiete. Im Neubau soll es kalt mindestens 12,50 Euro kosten. Obendrauf kommen dann nach Angaben der SWSG mindestens 3,35 Euro Nebenkosten. D.h. die Warmmiete der Neubauten liegt bei mindestens 15,85 Euro pro Quadratmeter. Durch Subventionen durch das Klinikum soll die Kaltmiete eine zeitlang auf 10.63 Euro Kaltmiete reduziert werden. Warm sind das dann mindestens 14 Euro pro Quadratmeter. Wenn die SWSG einen Teil der neuen Wohneinheiten mit Stellplatz vermietet, wird die Miete um weitere 60 bis 70 Euro im Monat steigen.

Klinikumsbeschäftigte gehören bekanntlich nicht zu den Besserverdienenden. Eine Reinigungskraft hat 1.200 Euro netto. Für sie gibt es keine bezahlbaren Ersatzwohnungen in Stuttgart. Den Beschäftigten wird geraten, sie sollen aus Stuttgart rausziehen. Gleichzeitig wird von Ihnen verlangt, dass sie bei Rufbereitschaft in einer Stunde am Arbeitsplatz sind.

Gerade für Krankenhausbeschäftigte ist wegen der Schichtdienste und ständigen Noteinsätze wegen fehlendem Personal die Nähe zum Arbeitsplatz wichtig. Zeitaufwendige Wege nach zehn Stunden Nachtschicht sind unzumutbar und lassen beim Wechsel von Spät- auf Frühschicht keine ausreichenden Erholungszeiten zu. Wer übermüdet arbeitet, gefährdet sich selbst und Patienten. Deshalb dürfen die Personalwohnungen im Prießnitzweg nicht abgerissen werden. Sie müssen instandgehalten und wo nötig modernisiert werden.  Architekt Kai Lanziner kommt zu dem Schluss, dass mit 10 Millionen Euro die Gebäude in einen Topzutand gebracht werden können ohne dass die Bewohner ausziehen müssen. Zusätzlich können durch eine Aufstockung der Gebäude und Anbauten zusätzliche Wohnungen für Krankenhauspersonal geschaffen werden.

Das lehnt die SWSG bislang ab. Sie will  45 Millionen Euro für den Abriss/Neubau sinnlos verbrennen und die Bewohner aus ihren Wohnungen vertreiben.

 

Die SWSG-Mieterinitiative sammelt Unterschriften gegen den Abriss der Personalwohnungen

Unterschriftenliste gegen Abriss Personalwohnheime

 

Am 31.1. lud die SWSG-Mieterinitiative zu einem Ortstermin mit Architekt Kai Lanziner. Eingeladen waren die Bezirksbeiräte von Bad Cannstatt, Gemeinderäte, SWSG-Aufsichtsräte, Personalräte, ver.di-Stuttgart, Mieterbeirat der SWSG.
Erschienen ist Bezirksbeirat Siegfried Deuschle (Die LINKE), Stadtrat und SWSG-Aufsichtsrat Tom Adler (DIE LINKE), Stadtrat Ralph Schertlen (Stadtisten). Stadtrat Martin Körner (SPD) hatte sich wegen eines anderen Termins entschuldigt.
Auch die Presse wurde zu dem Ortstermin zugeladen und berichtete ausführlich:
Artikel von Jürgen Bock in den Stuttgarter Nachrichten vom 4.2.2019
Artikel von Jörg Nauke
Kommentar von Jörg Nauke „Der nächste Skandal am Klinikum“ vom 3.2.2019
Am 7.2.2019 lud Finanzbürgermeister Föll, SWSG-Geschäftsführer Sidgi, Klinikumschef Hewer und der Personalratsvorsitzende Lux Journalisten zu einem Pressegespräch. Darüber gabe es folgende Berichterstattung:
Artikel in Stuttgarter Zeitung über Pressekonferenz von Föll, Klinikumsleitung und SWSG am 8.2.2019
Artikel in Stuttgarter Nachrichten über Pressekonferenz von Föll, Klinikumsleitung und SWSG am 8.2.2019
Am 13.2.2019 fand im Klinikum Bad Cannstatt eine Informationsveranstaltung über die Pläne zur Erweiterung des Klinikum-Baus und zum Abriss/Neubau der Personalwohnungen statt
Bei dieser Veranstaltung redete der technische Geschäftsführer der SWSG, Helmuth Caesar die Personalwohnungen schlecht, um einen Abriss zu rechtfertigen. Unter anderem sagte er bei einer Sanierung müsste möglicherweise eine zweite Fluchttreppe gebaut werden. Das ist ein Hinweis darauf, dass Herr Caesar sich die Häuser nie angeschaut hat, sonst hätte er gemerkt, dass alle drei Häuserblöcke an beiden Enden große breite Treppenhäuser haben.

Am 20.2.2019 stellte die Fraktion SÖS-LINKE-PluS im Bezirksbeirat Bad Cannstatt den Antrag den Abriss der Personalwohnungen aufgrund der Einschätzung eines Architekten über den erhaltenswerten Zustand der Häuser zu prüfen. Für den Antrag stimmten nur die drei Mitglieder der Fraktion SÖS-LINKE-PluS. Es gab 10 Neinstimmen von CDU, SPD, FDP, FW und AFD und 6 Enthaltungen von SPD und Grünen.

Ein Kollege des Klinikums und Bewohner des Prießnitzweg nutzte die fünf Minuten für die Bürger um sich für den Erhalt der Häuser auszusprechen.

 

Ende Februar 2019 wurde den Bewohnern des Prießnitzweg Ersatzwohnungen in der Reuchlinstraße angeboten. Diese Häuser gehören inzwischen auch der SWSG. Die Warmmieten liegen bei 16 Euro pro Quadratmeter. Eine 2-Zimmer-Wohnung mit 43,94 qm soll 699,25 Euro Warmmiete kosten. Hier das Angebot.