SWSG modernisiert in der Abelsbergstraße im unbewohnten Zustand. Aus preisgünstigen frei finanzierten Wohnungen für 7,40 Euro werden Sozialwohnungen für 7,52 Euro

Die Modernisierungen im unbewohnten Zustand in der Abelsbergstr. 11 – 21 sind ein typischer Fall dafür wie die SWSG jahrzehntelang die Instandhaltung von Häusern vernachlässigt. Dann wird mit dem Geld, das die SWSG bei der Instandhaltung gespart hat, teuer modernisiert und die Mieter vertrieben.

Zum Glück stehen die Häuser in der Abelsbergstraße unter Denkmalschutz. Sonst würde sie die SWSG abreissen. Es würden Neubauten entstehen mit Mieten von 11 Euro aufwärts oder sogar Eigentumswohnungen, die sich kein Normalverdiener leisten kann.

Das Schicksal der Häuser in der Abelsbergstraße ist aber auf andere Weise Ausdruck der irrsinnigen Wohnungspolitik der Stadt und der SWSG.

Der Schwindel mit neuen Sozialwohnungen

In Stuttgart gibt es kaum neue Sozialwohnungen. Und die, die neu hinzukommen, entstehen oft dadurch, dass preisgünstige Altbauten in Sozialwohnungen umgewandelt werden und dann teurer sind als vorher. Die Landesbaugenossenschaft hat bereits im Jahr 2018 kritisiert, dass durch die Vorgaben der Stadt bei der Umwandlung von Bestandswohnungen in Sozialwohnungen, die Mieten der Sozialwohnungen mitunter viel höher sind als ohne Sozialbindung.

Siehe Artikel in den Stuttgarter Nachrichten vom 3.8.2018  „Bemühungen der Stadt lassen Mieten steigen“

Die Umwandlung der 42 preisgünstigen SWSG-Altbauwohnungen in der Abelsbergstraße in 39 Sozialwohnungen sollte im Rahmen der sogenannten mittelbaren Belegung erfolgen. Das heißt, die SWSG baut irgendwo neu und gibt an, dass sie einen gewissen Anteil Sozialwohnungen neu baut. Dafür kassiert sie Landeszuschüsse. Die neugebauten Wohnungen vermietet die SWSG aber alle zum üblichen Neubaupreis von 11 Euro pro Quadratmeter aufwärts. Die zugesagten Sozialwohnungen schafft sie an anderer Stelle durch Umwandlung von Altbauwohnungen in Sozialwohnungen. Unter dem Strich entsteht dadurch dann keine einzige neue preisgünstige Wohnung.

Die Sache hat aber einen Haken. Die Mieter der Altbauwohnungen müssen dieses böse Spiel mitspielen. Und das funktioniert nicht, wenn die SWSG-Mieterinitiative die Mieter*innen über ihre Rechte aufklärt.

Jahrzehntelange Vernachlässigung der Instandhaltung

Die Häuser in der Abelsbergstraße wurden 1926 – 1928 gebaut. In den 80er Jahren haben die Mieter selber Gaseinzelöfen einbauen lassen und haben dafür nur einen Zuschuss von der SWSG bekommen. Ist ein Mieter ausgezogen, hat er kein Geld erstattet bekommen für seine Investition. Im Mietspiegel wurden die Wohnungen bei Neuvermietung so eingestuft als hätte die SWSG die Gasöfen eingebaut. Die SWSG hat die Instandhaltung der Häuser völlig vernachlässigt. Mieter*innen haben bei Mieterversammlungen berichtet, dass 2016 die Treppenhäuser gestrichen worden seien. Sonst sei jahrzehntelang nichts passiert. Längst hätten die uralten zugigen Fenster ausgetauscht werden müssen.

Auf Anfrage einer linken Bezirksbeirätin aus S-Ost hat der Kundencenterleiter der SWSG, Christian End, am 14.03.2019 u.a. behauptet:

„Unabhängig von grundlegenden Planungen und Modernisierungsmaßnahmen halten wir unsere Wohnungsbestände stets in einem technisch einwandfreien und gepflegtem Zustand“

Gerade der Raitelsbergs beweist das Gegenteil. Die noch nicht modernisierten Wohnungen wurden nicht instandgehalten. Das sieht man ganz deutlich in der Abelsbergstraße und in der Wunderlichstraße.

In der Wunderlichstraße 2 – 12 hat die SWSG bis heute das oberste Geschossdecke nicht gedämmt, obwohl das seit 2015 durch die Energieeinsparordnung vorgeschrieben ist. Einem Mieter, der im obersten Stockwerk wohnt und im Winter seine Wohnung nicht warm bekommt und deshalb eine Dämmung des Dachbodens verlangt hat, hat die SWSG am 5.4.2018 eine schriftliche Absage erteilt:

„Da der Aufwand der Dämmung der obersten Geschossdecke des Gebäudes Wunderlichstraße 2 – 12 in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zur möglichen Energieeinsparung steht, sehen wir derzeit keine Veranlassung diese Modernisierungssmaßnahme durchzuführen.“

Dass der Mieter zusätzlich mit einem strombetriebenen Radiator heizen muss, um seine Wohnung warm zu bekommen und für dies für ihn eine wirtschaftliche Härte darstellt, interessiert die SWSG nicht.

 

Miethöhe vorher und nachher

Altmieter haben in der Abelsbergstraße nachweislich 7,40 Euro bis 7,50 Euro Kaltmiete bezahlt. Dennoch hat SWSG hat bei einer Präsentation im Bezirksbeirat Stuttgart Ost am 20.3.2019 behauptet, die Kaltmieten würden bei 7,64 Euro liegen. Eine Durchschnittsmiete von 7,64 Euro hätte nur so zustandekommen können, dass von Mietern, die in den letzten Jahren vor der Modernisierung eingezogen sind, eine Miete kassiert wurde, die über dem Mittelwert des Stuttgarter Mietspiegels lag. Auch das trauen wir der SWSG zu.

Der bei der bei der Modernisierungsankündigung relevante Mietspiegel von 2017/18 besagt für eine Wohnung Baujahr 1915 – 1949 bei „einfacher Ausstattung“,  „Lage Außen 2“ und 45 – 70 Quadratmeter eine Spanne von 6,30 – 8,60 Euro. Der Mittelwert lag also bei 7,45 Euro.

Die SWSG hat in der Öffentlichkeit dreist behauptet, die Mieten wären nach der Modernisierung niedriger als vorher. Dabei sollen Sozialwohnungen 7,52 Euro kosten und die frei finanzierten „etwa 9,50 Euro“.

Siehe Artikel in den Stuttgarter Nachrichten vom 25.3.2019: „Im Raitelsberg sinken Mieten durch Sanierung“

Im Jahr 2018 hat die SWSG den Mietern bei einer Informationsveranstaltung mitgeteilt, dass die Wohnungen im unbewohnten Zustand modernisiert werden, die Grundrisse verändert werden  und alle Mieter ausziehen müssten. Zunächst wurde gesagt, dass die Hälfte der Wohnungen zu Sozialwohnungen würden. Den Mietern wurde weder die gesetzlich vorgeschriebene Modernisierungsankündigung in Aussicht gestellt, noch wurden sie über ihre Rechte aufgeklärt.

Kurze Zeit später war keine Rede mehr von der Hälfte Sozialwohnungen. Alle Wohnungen sollten Sozialwohnungen werden und wer keinen Wohnberechtigungsschein habe, könne nach der Modernisierung nicht zurückziehen. Alle Mieter sollten einen Auflösungsvertrag unterschreiben.

Das wurde verhindert.

SWSG-Mieterinitiative organisiert mit den Mietern Widerstand

Bei einer gut besuchten Mieterversammlung hat die SWSG-Mieterinitiative am 30.10.2018 die Mieter über ihre Rechte aufgeklärt:

  • Die SWSG hat nicht das Recht die Unterschrift unter einen Auflösungsvertrag zu verlangen
  • Eine Modernisierung hebt keinen Mietvertrag auf. Jeder Mieter hat das Recht auf Rückkehr in seine alte Wohnung
  • Der Mieter hat das Recht schriftlich zu erfahren, was genau in seiner Wohnung und im Haus modernisiert werden soll und wie hoch die Miete und die Betriebskosten nach der Modernisierung sein werden.
  • Der Mieter hat ein Mitspracherecht bei der Modernisierung. Eine Grundrissveränderung kann er ablehnen.
  • Die SWSG kann im Falle einer Modernisierung auch nicht den Mietvertrag ändern.
  • Die SWSG kann nach der Modernisierung nicht einfach eine Fremdfirma mit der Kehrwoche und dem Winterdienst beauftragen und die Kosten über die Betriebskosten auf die Mieter umlegen
  • Die SWSG darf nicht frei finanzierte Wohnungen gegen den Willen der Mieter in Sozialwohnungen umwandeln und einen Wohnberechtigungsschein zur Voraussetzung für den Rückzug machen.
  • Ohne die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Modernisierungsankündigung drei Monate vor der Modernsierung müssen die Mieter keine Baumaßnahmen dulden und können sie per einstweiliger Verfügung stoppen.

Die Mieter*innen brachten bei der Mieterversammlung ihre Empörung zum Ausdruck, dass die SWSG sie versucht hat über den Tisch zu ziehen.

In engem Kontakt mit den Mieter*innen und in einigen Konflikten mit der SWSG haben wir durchgesetzt, dass Mieterrechte eingehalten wurden. Zusätzlich gab es eine Unterschriftensammlung. Gezwungenermaßen hat die SWSG ihren Plan aufgegeben, alle Wohnungen in Sozialwohnungen umzuwandeln. Es gibt Mieter, die nun wieder ohne Wohnberechtigungsschein in ihre alte Wohnung zurückziehen können.

Wir haben mit den Mietern durchgesetzt, dass alle Mieter*innen für die Zeit der Modernisierung oder für immer eine ordentliche und bezahlbare Ersatzwohnung bekommen haben. Mieter*innen haben so lange jegliche Ersatzwohnung abgelehnt, bis sie eine Wohnung bekommen haben, die ihnen zugesagt hat. Dabei hat die SWSG versucht den Mietern zum Teil Ersatzwohnungen zu geben, die in einem viel schlechteren Zustand waren, als ihre bisherige.

Wir haben die Mieter*innen immer wieder ermutigt und dabei unterstützt, so lange abzulehnen, bis die SWSG ihnen eine passende Wohnung gibt. Wir haben Mieter*innen bei Verhandlungen mit der SWSG begleitet und dabei jeden weiteren Versuch der SWSG, Mieterrechte zu ignorieren, gestoppt.

Auch bei einem Umzug in eine Ersatzwohnung haben Mieter*innen keinen Auflösungsvertrag über ihren alten Mietvertrag unterschrieben, sondern nur einen Zusatzvertrag der den zeitweiligen oder dauernden Umzug in eine Ersatzwohnung beinhaltet.

Die Mieter in der Abelsbergstraße haben vor der Modernisierung ihre Kehrwoche einschließlich Winterdienst selber gemacht und hatten deshalb relativ niedrige Betriebskosten.

Nach der Modernisierung will die SWSG eine Fremdfirma für Kehrwoche und  Winterdienst beauftragen. Wir haben der SWSG klar gemacht, dass Rückkehrer weiter die Kehrwoche und den Winterdienst selber machen können, wenn sie das wollen. Eine einseitige Änderung des Mietvertrags durch die SWSG ist unzulässig.

 

Heizkosten steigen durch energetische Modernisierung

Nicht verhindern konnten wir,  dass die Abelsbergstraße an die teuere Fernwärmeversorgung angeschlossen wird. Bei einer Verhandlung, bei der auch der zuständige Kundencenterleiter, Herr End dabei war, haben wir gefragt, warum keine Solarthermie- oder Fotovoltaikanlage auf die Dächer gebaut würden. Herr End erklärte uns, das Denkmalamt lasse das nicht zu. Auf eine Nachfrage beim Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung Anfang 2019 kam von dort jedoch die Antwort, dass die SWSG gar  keinen Antrag für eine Fotovoltaik- oder Solarthermieanlage für die Häuser in der Abelsbergstraße gestellt hat.

Für die frei finanzierten Wohnungen will die SWSG nach der Modernisierung „etwa 9,50  Euro“ pro Quadratmeter Miete kassieren. Eine Sozialwohnug soll 7,52 Euro pro Quadratmeter kosten. Mieter, die ohne Wohnberechtigungsschein zurückziehen, sollen abzüglich der ein Euro Ermäßigung für Rückkehrer 8,90 Euro bezahlen.

Allerdings ist bei den Mieten von 9,50 Euro  pro Quadratmeter zu prüfen, ob die Aufteilung zwischen Modernisierung und Instandhaltung diese Mieterhöhung erlaubt. Hinzu kommt, dass der Aufsichtsrat der SWSG nach der Auseinandersetzung um die Modernisierung in der Bottroper Straße beschlossen hat, dass die Warmmieten nach Modernisierungen um maximal 20% erhöht werden. Dies gilt es nach der Modernisierung in der Abelsbergstraße zu prüfen. Denn eines ist jetzt schon klar:  Der Energieverbrauch und die Heizkosten werden nach der Modernisierung viel höher sein als bei den Gasetagenheizungen davor.

In Ihrer Präsentation im Bezirksbeirat Stuttgart Ost am 20.3.2019 gibt die SWSG vor der Modernisierung einen Energieverbrauch von 190,9 kwh pro Quadratmeter im Jahr an. Wir halten diesen Wert bei Gasetagenheizungen für völlig überhöht und gehen davon aus, dass das ein theoretischer Wert ist und nichts mit den realen Werten zu tun hat.

Es ist auch davon auszugehen, dass die SWSG wie bei allen ihren energetischen Modernisierungen völlig widersinnig in Treppenhäuser Heizkörper einbaut und hier Energie verschwendet wird.

Nach der Modernisierung soll der Energieverbrauch laut SWSG ei 68,6 kwh pro Quadratmeter und Jahr liegen. Diesen Wert halten wir bei einer zentralen Fernwärmeheizung für viel zu niedrig. Wir machen die Erfahrung, dass der Energieverbrauch bei Neubauten und auch bei Modernisierungen oft höher als vorher. Wir werden nach der Modernisierung prüfen, ob die SWSG im Falle der Abelsbergstraße die versprochene Reduzierung des Energieverbrauchs einhält. Wir nehmen nicht länger hin, dass sich die SWSG die Energieeinsparungen bei ihren Modernisierungen und Neubauten schön rechnet.